Im neuen Ortspark pflanzt die Kirchheim 2024 GmbH viele heimische Baumarten – immer im
Wechsel mit sogenannten „Klimabäumen“. Dieses sind den Herausforderungen des Klimawandels besonders gut gewachsen und garantieren eine dauerhafte Stabilität.
Schließlich bildet der Ortspark als neues grünes Band zwischen den Gemeindeteilen Kirchheim und Heimstetten einen Treffpunkt und Erholungsraum für viele Generationen.
Das Pflanzkonzept haben die Landschaftsplaner*innen vom Büro SINAI so angelegt, dass
„Klimabäume“ und heimische Bäume in einem gesunden Verhältnis zueinanderstehen. Das
Prinzip nennt sich „Gemischtes Doppel“ und bedeutet, dass jede klassische heimische
Baumart ein „Double“ aus dem Repertoire der Klimabaumarten erhält (siehe Grafik).
Insgesamt werden im neuen Ortspark mehr als 800 Bäume gepflanzt.
Die weiteren Vegetationsflächen werden als Rasenflächen für Spiel und Bewegung (10.600
m²) und Wiese (25.700 m²) neu angelegt oder mit Sträuchern, Stauden, Hecken, Schilf und
Gräsern (insgesamt 23.765 m²) neu bepflanzt. Darüber hinaus wurde in der Sphäre „Wildnis“
(südlich des neuen Kreisverkehrs) und in der Sphäre „Wald“ (Hügelwäldchen am
Gymnasium) viel Bestandsgrün erhalten. So können die Besucherinnen und Besucher des
Ortsparks direkt vom Haupteingang der Landesgartenschau aus in der „Wildnis“ in dichtes Bestandsgrün eintauchen und fünf neue Inseln entdecken.
Fünfmal grün – fünfmal anders
So unterschiedlich die fünf Sphären im neuen Ortspark angelegt sind, so vielfältig sind auch
die Bäume und Pflanzen, die SINAI gemeinsam mit dem Team der Kirchheim 2024 GmbH
für den jeweiligen Bereich ausgewählt hat.
Die Sphäre „Garten“ im Norden ist Auftakt der Landesgartenschau und beherbergt die
Bürgergärten, die Streuobstwiese (analog zum Bayerischen Streuobstpakt) und die
bestehende Fliederhecke. Im „Garten“ steht die gemeinschaftliche Bewirtschaftung im
Vordergrund. Deshalb werden hier auch Gehölze mit essbaren Früchten gepflanzt.
Zusätzlich entstehen im „Garten“ drei neue Jahrgangswäldchen mit jeweils 100
Zierapfelbäumen der Sorten „Brouwer’s Beauty“, „Evereste“ und „Scarlett“.
Der neu angelegte Apfelhain ist ein Geschenk der Gemeinde und der Landesgartenschau
für den Kirchheimer Nachwuchs 2021, 2022 und 2023 und steht symbolisch für das
Zusammen.Wachsen. der Generationen im neuen Park.
Herzstück der Sphäre „Wasser“ ist der neue Parksee. Mit seiner knapp 7400 Quadratmeter
großen Wasserfläche und dem naturnahen Ufersaum im Westen bietet der
grundwassergespeiste See Tieren und Pflanzen neuen Lebensraum.
Auf der Liegewiese am Westufer werden Auenbäume gepflanzt. Für die Wasser- und
Uferzonen werden je nach Wassertiefe passende Wasser- und Schwimmblattpflanzen
gewählt, um vielfältige neue Lebensräume für Insekten und andere Kleintiere zu schaffen.
Für die Uferbepflanzung hat der Kirchheimer Verein IG Wall wertvolle Vorschläge gemacht,
die in die Pflanzliste mit aufgenommen werden konnten.
Die Sphäre „Wildnis“ verdankt ihren Namen dem Bestandsbewuchs. Dieser wird durch
Lichtungen (fünf Inseln) und neu angelegte Wege entlang der bestehenden Wegeachsen
erlebbar, aber nicht an jeder Stelle begehbar gemacht. In der Vorbereitung mussten mehrere
Bäume gefällt und bestehender Aufwuchs entfernt werden. An anderer Stelle in der „Wildnis“
werden dafür 73 Bäume neu gepflanzt.
In der Sphäre „Wald“ wird das bestehende Wäldchen durch Baumpflanzungen ergänzt.
Nachdem im vergangenen Jahr bestehender Bewuchs entfernt werden musste, werden in
dieser Sphäre 67 Bäume neu gepflanzt.
In der Sphäre „Wiese“ im Süden liegt der Schwerpunkt auf der großen, autochthonen
Blühwiese, die den idealen Lebensraum für zahlreiche Insekten- und Schmetterlingsarten
bietet. Große Solitärbäume, einzelne Baumreihen, Fliederhecken und Stauden fassen den
Wiesenbereich ein und geben ihm Struktur.
Auf dem neu entstehenden Generationenplatz zwischen dem Erweiterungsneubau
Gymnasium und dem Seniorenwohnen werden rund 50 neue Bäume gepflanzt. Der Platz
wird von mehreren Gräserinseln durchzogen und von Rosenbeeten und
Staudenpflanzungen eingefasst.
Entspannen im Grünen
Neben den neuen Baumpflanzungen werden zur Landesgartenschau auch rund 120 neue Bänke
im Ortspark aufgestellt. So lässt es sich unter freiem Himmel bestens ausruhen und
entspannen. Für alle neuen Bäume und Bänke vergibt die Kirchheim 2024 GmbH Baum- und
Bankpatenschaften ab 350 Euro. Die eigene Website dazu wird noch dieses Frühjahr
freigeschaltet. So können interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit
wenigen Klicks Baum- und Bankpatinnen und -paten im neuen Ortspark werden. Weitere
Infos dazu folgen in Kürze.
Energieholzplantagen auf temporären Flächen
Während der Landesgartenschau erweitert sich das Veranstaltungsgelände um weitere
knapp vier Hektar – direkt angrenzend an den neuen, zehn Hektar großen Park. Diese
sogenannten „temporären Ausstellungsflächen“ bieten Platz für rund 90 Ausstellungsbeiträge, die die
Besucher*innen der Landesgartenschau zu den Themen Gartengestaltung, Umweltschutz,
Klimaschutz, nachhaltige Energie, grüne Mobilität und vielem mehr informieren.
Die Baumpflanzungen auf den Ausstellerflächen sind von Anfang an als
Energieholzplantagen vorgesehen und widmen sich dem Thema nachhaltiger Energie.
Nach Abschluss der Landesgartenschau
werden die Bäume der Plantagen zu Energieholz verarbeitet, das heißt, für die
Energiegewinnung durch Verbrennung genutzt.
Im Mix der erneuerbaren Energien spielt Holz eine wichtige Rolle. Denn anders als
beispielsweise bei Wind- und Sonnenenergie gewährleistet Holz zu jedem Zeitpunkt ein
Mindestmaß an verfügbarer Energie. Somit kann Energieholz dabei helfen, den Umstieg von
fossilen auf alternative Energieträger zu beschleunigen und die Energieversorgung
langfristig sicherzustellen. Während der Landesgartenschau bieten die Pappeln angenehmen natürlichen Schatten durch ihr ineinander wachsendes Blätterdach.
Geballtes Fachwissen
Bei der Auswahl der Bäume, Sträucher und Stauden kann die Kirchheim 2024 GmbH neben
der Expertise im Büro SINAI auf ein breites fachliches Netzwerk zurückgreifen. Denn die
Bayerische Landesgartenschau GmbH, die zu 40 Prozent Gesellschafter der
Landesgartenschau 2024 in Kirchheim ist, wird von den wichtigsten gärtnerischen
Berufsverbänden in Bayern getragen: dem Bayerischen Gärtnerei-Verband e.V., dem
Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern e.V. und dem Bund deutscher
Baumschulen (BdB) Landesverband Bayern e.V.
Durch Kooperationen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und
Verbraucherschutz, der
Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) und der Hochschule Weihenstephan-
Triesdorf wird dieses Fachwissen laufend
erweitert und ergänzt.
INTERVIEW mit Theresa Gläßer, Landschaftsarchitektin im Büro SINAI und verantwortlich für die Pflanzplanung der Landesgartenschau in Kirchheim
FRAGE: Liebe Frau Gläßer, das Büro SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten hat sich bei der Gesamtplanung von Landesgartenschauen – und zuletzt der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn – einen Namen gemacht. Was ist das Besondere an der Ausgestaltung des Geländes in Kirchheim?
Theresa Gläßer: Das Gelände des Ortsparks in Kirchheim bietet ein breites Repertoire an unterschiedlichen Atmosphären und Vegetationsräumen. In unserem Konzept der fünf Sphären, also Wildnis, Wiese, Wasser, Wald und Garten soll die Natur selbst, mit ihrer Vielgestaltigkeit und ihrem Eigensinn, zum Thema eines städtischen Freiraums werden. So bildet zum Beispiel der bestehende wilde Aufwuchs in der Wildnis den programmatischen Ausgangspunkt. Durch Auslichtung und gelenkte Sukzession entsteht daraus ein kleinteilig strukturierter Gehölz-Lichtungskomplex, der seinen naturnahen Charakter behält und darüber hinaus um neue vielfältige Lebensräume ergänzt werden kann.
Hierin liegt für uns als Planer die Möglichkeit, mehr zu erreichen als das Schaffen von funktionaler, geordneter Landschaft oder der Nachahmung von Natur. Es ist ein Arbeiten im Prozess, mit dem Ziel, vorhandene natürliche Potentiale zu nutzen um daraus größtmögliche Vielfalt zu schaffen, Atmosphären zu entwickeln die die Menschen der Natur näher bringen und in ihrem Innersten berühren. Davon erwarten wir tatsächlich die Entstehung eines Parks neuen Typs.
FRAGE: Der Ortspark in Kirchheim wird nach einem Konzept bepflanzt, das alle aktuellen Daten zu den bevorzugten Lebensräumen der Pflanzen, aber auch zu ihrer Widerstandskraft etwa gegen Herausforderungen des Klimawandels berücksichtigt. Wie lange arbeiten Sie an einem solchen Konzept, woher beziehen Sie Ihre Informationen und wie viele Mitarbeiter*innen sind an dieser Aufgabe beteiligt?
Theresa Gläßer: In der Pflanzplanung hat sich in den letzten Jahren ein Wandel hin zu einer naturalistischen Gestaltungsphilosophie vollzogen – mit dem Ziel, standortangepasste und robuste Pflanzungen zu entwickeln, die im Idealfall eine Einheit mit dem Gesamtkonzept bilden. Um das zu erreichen, machen wir uns schon mit der Bearbeitung des Wettbewerbes eines Projektes mit regionalen und örtlichen Gegebenheiten vertraut und versuchen Vegetationsmuster zu entwickeln. Mit der weiteren Planung vollzieht sich dann ein Prozess des Beobachtens und Reagierens auf die Dynamik vorhandener Pflanzengesellschaften, bis am Ende zur Fertigstellung eines Projektes das angestrebte fließende Gesamtensemble erreicht ist.
Das Thema der Pflanzplanung wird bei uns in dieser Projektgröße von 2-3 Mitarbeiter*innen bearbeitet. Eine gute Zusammenarbeit im Projektteam, selbstverständlich auch mit Partnern vor Ort ist dabei elementar wichtig.
FRAGE: Das Prinzip, das bei den Baumpflanzungen in Kirchheim zum Tragen kommt, nennt sich „Gemischtes Doppel“: Das bedeutet, dass in jeder Sphäre des Parks eine heimische Baumart dominiert und dieser ein passender Klimabaum zugeordnet wird. Können Sie uns dazu noch etwas mehr erklären?
Theresa Gläßer: Immer mehr heimische Baumarten leiden unter den extremer werdenden Umweltbedingungen wie Hitze und Trockenheit, werden anfälliger für Schädlinge. Dennoch sind gerade sie es, die für viele Tierarten Lebensraum und Nahrungsquelle bieten. Klimabäume trotzen den größer werdenden Herausforderungen durch die Erderwärmung und sind zudem oft Bäume von besonderer Exotik. In der Kombination dieser beiden Gehölzsphären liegt die größte Chance auf die Schaffung und den Erhalt von möglichst viel Vielfalt und zudem, für uns als Gestalter und Bewahrer von Natur, auch eine edukative Möglichkeit, mit dieser Problematik umzugehen.
Zur Person: Theresa Gläßer, Dipl.-Ing., hat Landschaftsarchitektur an der TU Dresden studiert. Im Büro SINAI ist sie für Entwurf, Ausführungsplanung, Projektsteuerung und Pflanzplanung verantwortlich.
Darum macht ihr ihre Arbeit Spaß: „An der Arbeit mit Pflanzen beeindruckt mich die Möglichkeit, neue Lebensräume zu schaffen. Pflanzen sind im Gegensatz zu jedem anderen Gestaltungsmedium lebendig – und jede Komposition verändert sich mit der Zeit. Im Gestalten mit Pflanzen liegt daher für mich etwas sehr Bedeutendes, ich würde sogar behaupten, es ist existenziell für die Entstehung gesunder und lebenswerter Orte und lebensnotwendig für unsere Zukunft.
Neben meiner Arbeit für das Büro Sinai experimentiere ich zusammen mit einem Kollegen auf dem Gelände einer alten Gärtnerei an der Entwicklung von naturnahen und robusten Wiesensaaten und Pflanzengesellschaften, welche dann in unseren Projekten zum Einsatz kommen.“